Vortrag von Edgar Neuzerling (verstorben 2008) zum Ortsjubiläum 2008
In der näheren Umgebung von Steeden, auch in der Gemarkung selbst, waren schon früher Eisenerzgruben, im kleinen Umfang Manganstollen, in Betrieb. In Steeden betrieben zwei Landwirte, Wilhelm Röth und Karl Fink, die Kalkbrennerei. In kleinen meilerähnlichen Öfen wurden Dolomitsteine zu Stückkalk gebrannt. Mit eigenen Fuhrwerken wurde der gebrannte Kalk zu den Baustellen der Umgebung gebracht. Ab 1850 fanden die ersten industriellen Brennversuche statt.
Nach der Schiffbarmachung der Lahn, um 1810, wurden Lastkähne zum Abtransport des Kalkes und Eisenerzes eingesetzt. Auf dem neu angelegten Leinpfad zogen Pferdegespanne die Lahnkähne flussaufwärts.
Nach dem Bau der Lahntalbahn, die Strecke Limburg – Weilburg wurde am 14. Oktober 1862 dem Verkehr übergeben, endete allmählich die Lahnschifffahrt. Spätere Versuche durch Vertiefung der Fahrrinne und den Ausbau von Häfen (z. B. Dehrn) konnten den Gütertransport nicht mehr auf den Wasserweg zurückbringen.
Nach 1880 nahmen große, kapitalkräftige Firmen Abbau und Brennen des Kalkes in die Hand. In wenigen Jahren verwandelten die Firmen: <Fink und Co., May und Urban, Chr. Schneider und Hubalek> das Gelände am Ortsausgang nach Dehrn in ein florierendes Industriegebiet, dessen Spuren heute nur noch in den ragenden Felswänden zu erkennen sind. Die mächtigen Ringöfen, 1913 brannten sieben Öfen – mit ihren 40 bis 50 Meter hohen Kaminen gaben sie nicht nur dem Dorf Steeden, sondern der ganzen Umgebung das Gepräge einer neuen Zeit.
Nach 1905 wurde der Löhrbach im Bereich der Bachstraße und zur Lahn hin überwölbt. Eine Feldbahn brachte Rohkalksteine aus den Brüchen am Löhrbach die Bachstraße herunter zu den Brennöfen und einer Verladestelle der 1884 erbauten Kerkerbachbahn. Die Firmen Gebr. Latsch zu Diez und Peter Fix aus Duisburg-Meiderich belieferten die Eisenhütten im Ruhrgebiet mit Rohkalksteinen. Im Jahre 1927 transportierte die Firma Fix alleine 28900 Tonnen Kalksteine an die Ruhr.
Die Gleisanlage der ehem. Kerkerbachbahn AG verbindet noch heute das Industriegebiet Steeden – Dehrn, als Gleisanschluss, mit der Lahntalbahn in Kerkerbach.
Im Jahre 1941 übernahm die I. G. Farbenindustrie mit Sitz in Frankfurt die Kalkwerke in Steeden, um mit dem Bau zweier moderner koksbefeuerter Schachtöfen den Kalkbedarf der kriegswichtigen, neu aufgenommenen BUNA-Fabrikation, zu decken. 1945 wurden die Steedener Kalkwerke zunächst unter die Kontrolle der Siegermächte gestellt, um dann 1950, bei der Entflechtung der I.G.Farben, der BASF in Ludwigshafen zugewiesen zu werden. Diese baute zwei weitere Schachtöfen. Von der BASF haben dann die Rheinisch-Westfälischen Kalkwerke (RWK), Dornap, am 1. April 1970 das Werk in Steeden käuflich erworben. Neue Investitionen wurden durchgeführt, die eine Personalverminderung mit sich brachten. Neu erschlossene Kalkbrüche in der Gemarkung Hofen sollen den Bestand der Steedener Kalkwerke, auch in den kommenden Jahrzehnten, sichern. Seit 1999 ist die Schäfer Kalk AG Diez der Besitzer, die schon seit 1924 – 1941 Teile besessen hatte. Durch die Fa. Schäfer wurde ab 2007 das Werk modernisiert und zwei weitere, moderne Braunkohlestauböfen eingerichtet.
Exkurs: Braunstein- und Eisensteingruben im Taunus (Auszug aus „Taunusmineralien.de – Peter Schönig, Niederkassel“)
In den Vorkommen bei Niedertiefenbach, Steeden und Hofen kommt vorwiegend Braunstein als Pyrolusit und Psilomelan vor. Weiterhin kommt der manganhaltige Brauneisenstein mit Manganerz vor – zusammen mit großen Roteisensteinablagerungen. Der Braunstein kommt in Krotzen und Körnern vor und hat teilweise einen hohen Gehalt von Mangan-Superoxid von bis zu 90%: <Die Lagerverhältnisse sind ähnlich den anderen Vorkommen! So kommen diese auf und in Lehm, Ton, Kiesgeröllen, Sanden und Quarzgeschieben vor. Hier kommt auch der seltene blauschwarze Schieferton vor, der auf den Gruben Rehflur, Glücksanfang und Kornblume vorkommt. Dieser Schieferton wurde teilweise als Farberde gewonnen und irrtümlich für Graphit gehalten.>
Bemerkung: „In Steeden wurden ab 1847 Braunstein- und Brauneisensteingruben in der Berggegenschreiberei vermerkt. Deren Namen waren u.a.: Schnelbergsgrenze, Adler, Anmut, Köppel, Kalkstein, Weißenstein, Frühmorgen, Nachtigal, Langgewann, Eselsweg, Nepomuk. Um 1850 wurde eine Braunstein-Aufbereitungsanstalt und Braunstein-Wäsche oberhalb Steeden, an der Lahn gelegen, angelegt. Beim Bau der Umgehungsstraße von Dehrn wurde einige Stollen wieder frei gelegt und dann verschlossen.“
Die Schächte erreichten Teufen von 40 m selten auch bis 70 m. Häufig kommen Brauneisensteinlager in Hangenden vor, die nicht mit den vor kommenden Brauneisensteinlagern in Verbindung stehen. Diese Brauneisensteinlager bilden Nester bis 10 m Mächtigkeit und wurden auf den Gruben Steeterwasen, Nollsgruben, Heymannszeche, Irrlicht und Gemeinschaft bei Niedertiefenbach abgebaut. Das Roteisensteinlager im selben Bereich hatte eine maximale Ausdehnung von 7800 qm.
Weitere Vorkommen liegen bei Gräveneck, Weinbach und Freienfels und wurden auf den Gruben Schaftrieb, Schottenbach, Adamsfund, Hennfeld, Villanda sowie Drache abgebaut. Dolomit ist auf diesen Gruben allgegenwärtig als Riffe, Körner und Zacken. Unter dem Dolomit liegen die Brauneisensteinlager mit einer Mächtigkeit von 3-4 m.
Oberflächlich kann man heute noch Pyrolusit in Kristallen in den Steinbrüchen bei Steeden finden. Dort werden in den alten Erzabbaubereichen Kalksteine gebrochen, wobei immer wieder Manganbrocken auftauchen.